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Dünndarm
Nachdem die Nahrung in Mund und Magen zerkleinert, bespeichelt und
vorverdaut wurde, kommt sie im Dünndarm an. Hier beginnt nun die
richtige Verdauung. Unsere Körperzellen produzieren Enzyme, die unsere
Nahrung in kleinere Bestandteile aufspalten. Erst wenn die Grundstoffe
klein genug sind, kann die Darmschleimhaut sie aufnehmen. Um hier eine
möglichst große Oberfläche für die Aufnahme der Nährstoffe zu gewähren,
ist die Darmwand vielfach gefaltet. Sie hat eine Größe von mehreren
Quadratmetern. Die Bakteriendichte im Dünndarm ist im Vergleich
zum Dickdarm relativ niedrig (etwa 10.000 Bakterien pro ml Darminhalt).
Aber auch hier spielen sich essenzielle Prozesse ab, wie z.B. im
Fettstoffwechsel.
Dickdarm
Wenn die aufgespaltene Nahrung den Dickdarm erreicht, sind alle vom
Körper verwertbaren Nährstoffe schon aufgespalten worden. Aus dem nun im
Dickdarm angekommenen Nahrungsbrei wird nun noch Wasser und Salz
entnommen. Das ist eine der Hauptaufgaben des Dickdarms.
Die wichtigste Aufgabe des Dickdarms ist jedoch die Aufnahme von
Mineralien und Vitaminen durch die Darmflora. Bakterien besitzen nämlich
spezielle Zerkleinerungswerkzeuge, sogenannte Enzym-Werkzeuge, die
unsere eigenen Körperzellen nicht besitzen. Die “unverdaulichen Reste”
werden hier weiter zerkleinert und verdaut. Hier werden durch die
Darmbakterien viele Stoffe, die wichtig für unseren Körper sind, wie
Vitamine und Mineralstoffe gewonnen. Im Dickdarm arbeiten 100-1000
MILLIARDEN Bakterien pro ml Darminhalt, dies ist bei Weitem der größte
Bakterienanteil unseres Körpers.
Eine Darmspiegelung (Koloskopie) kann übrigens nur den Dickdarm
abbilden, der
Dünndarm ist dagegen nur per Videokapsel zu untersuchen.
Mikrobiom
Das menschliche Mikrobiom ist die Gesamtheit der Mikroorganismen (die
Mikrobiota), die auf und in Menschen leben, und insbesondere die
Sammlung der mikrobiellen Genome, die zu dem breiteren genetischen
Metagenom eines Menschen beitragen. Dabei bezeichnen "Mikrobiota“ die mit
dem Menschen assoziierten mikrobiellen Taxa und "Mikrobiom“ den Katalog
dieser Mikroben und ihrer Gene.
Die Genome, aus denen das menschliche Mikrobiom besteht,
repräsentieren eine bemerkenswert vielfältige Palette von
Mikroorganismen, zu denen Bakterien, primitive Einzeller (Archaeen),
Pilze und sogar einige Protozoen und nicht lebende Viren gehören.
Bakterien sind die bei weitem zahlreichsten Mitglieder des menschlichen
Mikrobioms: Allein die Bakterienpopulation wird auf 75 bis 200 Billionen
Einzelorganismen geschätzt (der gesamte menschliche Körper besteht etwa
aus 50 bis 100 Billionen Körperzellen).
Die schiere mikrobielle Fülle deutet darauf hin, dass der menschliche
Körper tatsächlich ein "Superorganismus" ist, eine Ansammlung
menschlicher und mikrobieller Zellen und Gene und somit eine Mischung
aus menschlichen und mikrobiellen Merkmalen.
Definition Mikrobiom
Die menschliche Mikrobiota besteht aus 10 bis 100 Billionen
symbiotischer mikrobieller Zellen, hauptsächlich Bakterien im
Darm. Das menschliche Mikrobiom besteht aus den Genen, die diese Zellen
beherbergen. Weltweit wurden Mikrobiomprojekte mit dem Ziel ins Leben
gerufen, die Rolle dieser Symbionten und ihre Auswirkungen auf die
menschliche Gesundheit zu verstehen. Seit der Begriff Mikrobiom 2001
geprägt wurde beschäftigt die Forschung die Frage, was das
Mikrobiom ausmacht. Terminologische Verwirrung erschwerte die Definition
des menschlichen Mikrobioms : So werden beispielsweise auch heute noch „Mikrobiota“
und „Mikrobiom" oft austauschbar verwendet. Grundsätzlich führen
neue Erkenntnisse dazu, dass viele frühere Konzepte in Frage gestellt
werden, z. B. die Stabilität des Mikrobioms einer Person und die Frage,
ob eine Person ein Mikrobiom oder viele hat.
Im Jahr 2007 wurde das Human Microbiome Project (HMP) - ein fünfjähriges
internationales Projekt zur Charakterisierung der mikrobiellen
Gemeinschaften im menschlichen Körper und zur Ermittlung der Rolle der
einzelnen Mikroorganismen bei Gesundheit und Krankheit - ins Leben
gerufen. Das Wissen um das menschliche Mikrobiom hat sich danach
deutlich erweitert. Das Projekt profitierte von den sinkenden Kosten der
Ganzgenomsequenzierungstechnologie, die es ermöglicht, Organismen aus
Proben zu identifizieren, ohne sie im Labor kultivieren zu müssen. Die
Technologie erleichtert auch den Vergleich von DNA-Sequenzen von
Mikroorganismen, die aus verschiedenen Teilen des menschlichen Körpers
und von verschiedenen Menschen isoliert wurden. In den ersten drei
Jahren des Projekts entdeckten die Wissenschaftler neue Mitglieder der
menschlichen Mikrobiota und charakterisierten fast 200 verschiedene
bakterielle Mitgliederarten.
Vielfältigkeit des Mikrobioms
Einigen Schätzungen zufolge besteht das menschliche Mikrobiom aus
insgesamt 900 bis 1.000 verschiedenen Arten von Mikroorganismen, was
eine außerordentlich vielfältige Sammlung mikrobieller Genome darstellt.
Das menschliche Mikrobiom ist ein extrem komplexes Zusammenleben
verschiedener Organismen, die sich gegenseitig in Schach halten. Kommt
es durch Antibiotika oder andere Umwelteinflüsse zu einem
Ungleichgewicht, können sich einzelne Arten ausbreiten und zu einer
Infektion führen. Pilze der Gattung Candida kommen beispielsweise im
Darm vieler gesunder Menschen vor. Sie sind meist harmlos, können jedoch
nicht nur gefährliche systemische Infektionen auslösen.
Der menschliche Darm ist der wesentliche Ort, der sich durch ein hohes
Maß an Vielfalt und Fülle des Mikrobioms auszeichnet. In einer Studie
mit 124 europäischen Personen isolierten Forscher etwa 3,3
Millionen mikrobielle Gene. Viele dieser Gene repräsentieren häufig
vorkommende Bakterienarten, von denen man annimmt, dass mindestens 160
im Darm jedes Menschen vorkommen. Die Identifizierung solcher häufig
vorkommenden Arten in Populationen ist von grundlegender Bedeutung für
die Definition so genannter gemeinsamer bakterieller Grundtypen, die es
Wissenschaftlern ermöglicht, das Zusammenwirken des menschlichen
Mikrobioms mit Faktoren wie Ernährung, Kultur und Genotyp, d.h.
genetischer Ausstattung, zu untersuchen.
Die Rolle des Mikrobioms
Die meisten Mitglieder des menschlichen Microbioms nützen dem Menschen,
indem sie uns Eigenschaften verleihen, die wir sonst nicht hätten.
Einige Mikroorganismen, die im menschlichen Darm vorkommen, gewinnen
beispielsweise Nährstoffe aus der aufgenommenen Nahrung und helfen
beim Abbau der Nahrung. Sie verhindern gleichzeitig die Besiedlung des
Darms durch schädliche Bakterien und Pilze. Es gibt jedoch auch viele
Mikroorganismen im menschlichen Mikrobiom, die eng mit
krankheitsverursachenden Organismen verwandt sind oder selbst in der
Lage sind, pathogen zu werden. Beispiele hierfür sind Bakterienarten der
Gattungen Staphylococcus, Streptococcus, Enterococcus, Klebsiella,
Enterobacter, und Neisseria und verschiedene Hefearten.
Wissenschaftler, die sich mit Fettleibigkeit befassen, haben bei
fettleibigen Personen im Vergleich zu normalgewichtigen Personen und
Personen, die sich einer Magenbypass-Operation unterzogen haben, eine
größere Anzahl von Prevotella- und Firmicutes-Bakterien sowie von
methanproduzierenden Einzellern festgestellt. Die Wissenschaftler
vermuten, dass diese Mikroorganismen Kohlenhydrate aus der Nahrung
effizienter verwerten können als die Arten von Mikroorganismen, die in
der Darmflora normalgewichtiger Personen vorherrschen. Die zusätzlichen
Nährstoffe werden dann im Körper als Fett gespeichert. Pilze könnten
steuernde und auslösende Faktoren sein.
Es wird erwartet, dass die laufende Erforschung des menschlichen
Mikrobioms auch weiterhin grundlegende Aspekte der menschlichen
Physiologie und insbesondere der menschlichen Ernährung aufklären wird.
Ein besseres Verständnis der Ernährungsbedürfnisse könnte zu Änderungen
bei den Ernährungsempfehlungen und der Lebensmittelproduktion führen.
Selbstverständlich ist die Erforschung krankmachender Teile des
Mikrobioms ein vorrangiges Ziel der weiteren Erforschung. Informationen über das menschliche Mikrobiom
können nicht nur zur
Entwicklung neuer Diagnoseverfahren und Behandlungen für eine Vielzahl
menschlicher Krankheiten sowie zur Entwicklung industrieller Produkte
führen, die auf Substanzen (z. B. Enzymen) basieren, die von Teilen des
menschlichen Mikrobioms produziert werden.
Schon heute sollte jedoch klar sein welche überragende Bedeutung das
Mikrobiom für unsere Gesundheit darstellt. Mediziner, aber auch jeder
Nicht-Mediziner, sollte sich dieser Bedeutung bewusst sein. In diesem
Sinne gilt es bis heute übliche Methoden gründlich zu überdenken. So ist heute
etwa die Darmreinigung vor einer Darmspiegelung zu überdenken, aber auch
die von Vielen durchgeführte Darmreinigung bei Fastenkuren. Dies
führt nachgewiesermaßen zu einer Verarmung des Mikrobioms mit einer
womöglich gefährlichen Verschiebung der Gewichte im Darm. Auch ist
bis heute der Wiederaufbau des Bioms nach Antibiotikabehandlungen nicht
üblich, ganz zu schweigen von der bis heute unbekannten Funktion,
Zusammenwirken oder aber Wegfall einzelner Arten. Als nur zwei Beispiele
seien hier einmal das unten aufgeführte Phänomen erwähnt, dass bestimmte
Bakterienarten immer dann vermehrt auftreten, wenn gleichzeitig die
Menge an Pilzen der Gattung Candida hoch ist und zum anderen der sich
zunehmend erhärtende Fakt, dass die Zusammensetzung des oralen
Mikrobioms als potenzieller Biomarker für verschiedene Krebsarten
zukünftig dienen könnte, siehe unten.
.
Bedeutung der Darm-Hirn-Achse
Wie weitgehend eine Verbindung Darm-Hirn besteht und welche
Bedeutung sie für unsere mentale und physische Gesundheit hat, ist
gerade einmal seit wenigen Jahren in ersten Ansätzen in den Blickpunkt
der Forschung
gerückt.
Die Erkenntnis, welche Rolle die Besiedelung
mit Mikroorganismen in unserem
Darm für
unsere Gesundheit, aber insbesondere unsere
psychische Gesundheit und selbst für unsere Persönlichkeit
spielen, beginnt die Wissenschaft gerade erst zu
verstehen.
Die Rückwirkungen, mit denen der Darm uns zu verstehen
gibt, was gut für uns ist, gehen offensichtlich sehr viel weiter als früher angenommen.
Erst seit kurzem beginnt die Wissenschaft zu verstehen, wie der Darm und
das Mikrobiom mit unserem Gehirn kommuniziert. Verbunden sind beide
einmal über die Nerven, andererseits aber auch über im Blut
zirkulierende Botenstoffe. Sie beeinflussen sich somit gegenseitig.
Einige Bakterien produzieren etwa Oxytocin, das für unser
Sozialverhalten verantwortlich ist. Andere Bakterien können Symptome wie
Depressionen und Angstzustände verursachen. Die Erkenntnisse der
Wissenschaft gehen sogar mittlerweile so weit, dass schon Probiotika für
die Behandlung psychischer Störungen, etwa Depressionen, vorgeschlagen
wurden.
Man weiß heute, dass bei Menschen mit psychischen, psychiatrischen Störungen oder neurologischen Erkrankungen ein
Unterschied in der Zusammensetzung und Funktion des Mikrobioms zu
beobachten ist im Vergleich zu gesunden Menschen. Autismus,
Alzheimer, Parkinson oder auch seltenere Krankheiten wie ALS werden nun im Zusammenhang mit einem
gestörten Mikrobiom gesehen. Synuclein, das im Gehirn von Menschen mit
Parkinson-Krankheit vermehrt gefunden wurde, ist einer der Stoffe, die
nun vermehrt in den Fokus gerückt werden.
Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Allergien werden wohl als nächstes
in den Blickpunkt der Forschung gelangen und selbst verstopfte
Nase, Niesanfälle, Erschöpfungszustände und asthmatische
Erkrankungen werden in ihrem Zusammenhang mit dem Darm gesehen
werden.
Darm-Augen-Achse
Jüngste Studien belegen die Existenz einer
Darm-Retina-Achse, die an der Pathogenese mehrerer
chronisch-progredienter Augenerkrankungen, einschließlich
altersbedingter Makulaerkrankungen, beteiligt ist. Verschiedene neuere
Studien
beschäftigen sich damit.
Neue Erkenntnisse
über die Darm-Retina-Achse können bisher unbekannte Wege aufklären, die
bei Netzhauterkrankungen eine Rolle spielen, und stellen auch einen
interessanten potenziellen therapeutischen Weg dar.
Diese Übersicht soll die Bedeutung des Darmmikrobioms für die
Augengesundheit unterstreichen.
Mehrere Studien haben gezeigt, dass es eine Darm-Augen-Achse gibt, bei
der Darmbakterien die Immunität auch des Auges beeinflussen können.
Andere Studien haben gezeigt, dass sowohl das Darmmikrobiom als auch
seine Stoffwechselprodukte die Schlüsselfunktionen von Immunzellen
regulieren können, indem sie direkt oder indirekt das Epigenom
verschiedener Zelltypen verändern. Eine die Sehkraft bedrohende
Immunreaktion, die das Auge schädigt, ist ein
typisches Merkmal intraokularer entzündlicher Erkrankungen. Uveitis,
altersbedingte Makuladegeneration, das Sjögren-Syndrom in Verbindung mit
trockenen Augen, diabetische Retinopathie, Glaukom und infektiöse
Keratitis wurden mit Anomalien des Darmmikrobioms in Verbindung
gebracht, obwohl sich die Daten, die diese Zusammenhänge belegen, noch
in einem frühen Stadium befinden.
Studien hierzu
hier und
hier,
Makula Degeneration,
Glaucom
Interaktion der Mikrobiota mit der Umwelt
Aktueller Forschungsgegenstand ist die
Interaktion der Mikrobiota und der Umwelt. Die Interaktion
zwischen der menschlichen Mikrobiota und der Umwelt ist dynamisch, wobei
menschliche Mikroben ungehindert auf alles gelangen, was wir täglich
berühren. Studien haben gezeigt, dass mikrobielle Gemeinschaften ständig
von einer Oberfläche zur anderen übertragen werden und dass eine
dynamische Interaktion zwischen der Mikrobiota der Umwelt und
verschiedenen Stellen des menschlichen Körpers besteht. Hier werden
zukünftige Studien noch viele interessante Interaktionen aufdecken.
Ursprünglicher Erwerb des Mikrobioms
Bei der Geburt eines menschlichen Säuglings
stellt der Magen-Darm-Trakt eine völlig neue Umgebung für die
mikrobielle Besiedlung dar. Die Mikrobiota, die der Säugling nun
zu erwerben beginnt, hängt stark von der Art der Geburt ab. Zwanzig
Minuten nach der Geburt ähnelt die Mikrobiota von natütlich entbundenen
Säuglingen der Mikrobiota der Vagina ihrer Mutter. Säuglinge, die per
Kaiserschnitt entbunden wurden, weisen dagegen Mikrobengemeinschaften
auf, die typischerweise auf der menschlichen Haut zu finden sind. Die
Aneignung der Mikrobiota setzt sich in den ersten Lebensjahren fort, da
das Mikrobiom des Magen-Darm-Trakts eines Säuglings bereits im ersten
Lebensjahr dem eines Erwachsenen zu ähneln beginnt. Es lassen sich
genaue Eckpunkte festmachen, die mit Beginn der Ernährung mit
Muttermilch, Einführung von Säuglingsnahrung, Ernährung von
Erwachsenennahrung zu charakterisieren sind. Als der Säugling
beispielsweise begann, die volle Erwachsenennahrung zu erhalten, wurden
Gene im Mikrobiom angereichert, die mit der Vitaminbiosynthese und der
Mehrfachzuckerverdauung in Verbindung stehen.
Dysbiose
Ein Ungleichgewicht im Darm wird als Dysbiose bezeichnet. Die
Zusammensetzung des Mikrobioms hat sich in diesem Fall zum Negativen
geändert. In diesem Fall ist das Verhältnis zwischen dem Mikrobiom
und dem Körper gestört. Unterschiedliche Ursachen für eine Dysbiose
können sein eine Vermehrung von pathogenen Bakterien oder Pilzen oder
auch eine Reduzierung der Mikrobiom-Vielfalt im Darm. Eine mögliche
Ursache kann eine Antibiotikabehandlung ohne begleitenden Darmaufbau
sein.
Cortison ist desweitern bekannt, die Darmflora zu schädigen. Heute
weiß man auch, dass
Fäulnisbakterien der
Spezies Proteus, Klebsiella, Pseudomonas,
Sarcina, auch Hefen wie Candida albicans, Candida krusei,
Candida glabrata, Candida tropicalis sowie Schimmelpilze
wie Aspergillus fumigatus und pathogene Vertreter von
Colibakterien das Darmgleichgewicht erheblich beeinträchtigen
können. Wie jedoch genau dieses Ungleichgewicht zustande kommt, ist heute
großenteils noch
unbekannt und erst bei wenigen Arten näher untersucht.
Was viele Menschen nicht wissen: Fleisch aus Massentierhaltung
enthält immer Antibiotika, womit man die Darmflora schädigt. Und
selbst Ärzten nicht bekannt (und selbst in medizinischen Ratgebern oft
nicht erwähnt):
Magensäureblocker verändern
Mikrobiom.
Noch relativ unbekannt ist, dass auch Magensäureblocker–
sogenannte Protonenpumpeninhibitoren – die Darmflora schädigen.
Solche Säurehemmer werden oft bei Erkrankungen wie
Magengeschwür, Zwölffingerdarmgeschwür, Zwerchfellbruch oder
starkem Sodbrennen verschrieben, um die zurückfließende
Magensäure in Schach zu halten.
Neueste Forschungen zeigen, dass
diese Magensäureblockernur über einen kurzen Zeitraum
eingenommen werden sollten. Eine aktuelle niederländische Studie
konnte nun belegen, dass Säureblocker die Darmflora erheblich
verändern und damit anfällig machen z.B. für Infektionen mit
krankmachenden Keimen. So hatten sich rund 20 Prozent der
Darmflora bei Anwendern von Magensäureblockerverändert. Während
einige Bakteriengruppen sich verringert hatten, waren andere
Stämme gar nicht mehr vorhanden.
Ene neuere Studie untersuchte, wie Antibiotika das Gleichgewicht stören:
„Bei
den Bakterien haben wir genau das beobachtet, was andere herausgefunden
haben: Die Diversität nimmt ab. Bei den Pilzen war es interessanterweise
anders: Die Zusammensetzung der Arten hat sich insgesamt zwar nicht sehr
stark verändert. Aber einzelne Pilzarten fingen an, übermäßig und
schneller zu wachsen. Und während sich die Bakteriengemeinschaft nach
drei Monaten wieder normalisiert hatte, hatten bei den Pilzen vor allem
die Arten, die potenziell krank machen, Überhand genommen.“
Viele Proteobakterien wie E. coli Biovare, Shigella,
Klebsiella pneumoniae, Pseudomonas aeruginosa und andere
können im Darm nicht nur akute, sondern auch chronische Beschwerden
verursachen. Die von diesen Bakterien produzierten Antigene, wie
Lipopolysaccharide (LPS), Lioproteine und Peptidoglycane, können das
immunologische Gleichgewicht der Darmschleimhaut stören. Pathogene
Stämme von Clostridioides difficile produzieren Enterotoxin A und
Cytotoxin B, welche die Epithelzellen im Darm schädigen und Diarrhö und
Kolitis hervorrufen kann. C. difficile ist äußerst
umweltresistent, u.a. auch gegen alkoholische Desinfektionsmittel und
ist verantwortlich für 15-20 % aller Durchfallerkrankungen, die mit
Antibiotika-Behandlungen in Zusammenhang stehen.
Das grundsätzliche Problem bei einer Dysbiose stellt
wohl die Veränderung des
Darmmilieus dar, die erfahrungsgemäß eine Zufuhr von 'guten' Bakterien ineffizient oder
gar sinnlos machen kann, weil negative Darmbewohner das Milieu in eine
Richtung verschoben haben, das nur für sie zuträglich ist. Selbst die Galle
(und Leber?) scheinen hier eine Rolle zu spielen. Man weiß heute
durchaus, welche Bakterien für uns zuträglich und welche Darmbewohner
uns abträglich sind. So weiß man etwa, dass das
Verhältnis zwischen Firmicutes und Bakteroidetes bei
übergewichtigen Menschen im Vergleich zu schlanken stark verändert ist.
Mikrobiom und Übergewicht stehen in direktem Zusammenhang. Bacteroidetes sind gegenüber Firmicutes bei übergewichtigen Menschen
benachteiligt. Es scheint im weiteren auf bestimmte Stämme der
Lactobakterien anzukommen, insbesondere Lactobacillus plantarum,
Lactobacillus rhamnosus und Lactobacillus gasseri.
Desweiteren sollte ein gutes Probiotikum einen Enterococcus-Stamm
beinhalten.
Weitere Studien hierzu
hier und
hier.
Phagen und
Mikrobiom
Phagen sind Viren, die Bakterien befallen.
Dabei bezeichnet das Phagom den Phagenanteil des Mikrobioms. Dies ist
ein relativ neues Forschungsgebiet, Phagenverhalten wurde bisher meist
nur in planktonischen Systemen studiert. Im Kampf gegen schädliche
Bakterien im Darm könnte ein therapeutischer Einsatz von Phagen nützlich
sein. Doch sind Interaktionen zwischen Phagen und Wirtsbakterien bislang
nicht genügend verstanden. Die bakterielle Mikrobiomgemeinschaft
beeinflusst sicher auch das Phagom und umgekehrt. Für das Darmmikrobiom
wird eine ausgeprägte Existenz in Biofilmen angenommen. Aber auch dies
ist bisher noch wenig erforscht.
Pilze und KrebsFür eine in Nature Communications veröffentlichte Studie wurden
Stuhlproben von 75 Krebspatienten untersucht. Dabei wurde festgestellt,
dass bestimmte Bakterienarten immer dann vermehrt auftreten, wenn
gleichzeitig die Menge an Pilzen der Gattung Candida hoch ist. "Mit
diesen Daten haben wir ein Computermodell entwickelt, das bei einer
anderen Patientengruppe mit einer Genauigkeit von circa 80 Prozent die
Candida-Menge allein anhand der Bakterienarten und -mengen vorhersagen
konnte“
Und es
tauchen auch erste Studien auf, die neuartige Tests auf Krebs
ansprechen, indem das Mund-Mikrobiom auf Biomarker untersucht wird:
The composition of the oral microbiome might serve as potential
biomarkers for various cancers,
including nasopharyngeal carcinoma, oral squamous cell carcinoma,
pancreatic cancer, oesophageal...
Die
nächste Herausforderung in der Mikrobiomforschung besteht darin,
einzelne Mikrobenspezies zu identifizieren, die Krebsphänotypen kausal
beeinflussen, und die zugrunde liegenden Mechanismen zu entschlüsseln.
Während die kausalen
Belege für die Auswirkungen von Mikroorganismen auf die Krebsbiologie
erst ansatzweise entschlüsselt sind, wird ein besseres molekulares
Verständnis solcher krebsmodulierender Wechselwirkungen und Auswirkungen
auf die Krebsbehandlung als von großer wissenschaftlicher Bedeutung und
klinischer Relevanz angesehen.
Preliminary studies also suggest that fungi and bacteriophages
contribute to gastrointestinal cancers
In einer
kürzlich veröffentlichten Studie charakterisierte eine Gruppe um Ravid
Straussman und Rob Knight Pilze bei verschiedenen Krebsarten und zeigte
ihre Verteilung, ihre Beziehungen zu Immunzellen und ihren möglichen
prognostischen Wert auf. In einer anderen Studie unter der Leitung von
Anders B. Dohlman und Iliyan D. Iliev2 wurde eine ähnliche
krebsübergreifende Mykobiomanalyse an verschiedenen Körperstellen
durchgeführt und tumorassoziierte Pilze identifiziert.
und
Sowohl das
Darm- als auch das Tumormikrobiom haben sich inzwischen als
entscheidende Regulatoren von Krebsphänotypen erwiesen und werden mit
der Krebsentstehung, dem Fortschreiten und dem Ansprechen auf Therapien
in Verbindung gebracht. Während die Rolle der Bakterien bei diesen
Prozessen allmählich entschlüsselt wird, wird die Bedeutung der Pilze
gerade erst deutlich.
und
Interaktionen zwischen Mikrobiom, Wirtsfaktoren und genetischen und
epigenetischen Faktoren von Pilzen könnten an der Anreicherung von
Pilzen in Tumorgeweben und/oder an der Umwandlung von einem kommensalen
Pilz in einen pathogenen Pilz beteiligt sein. Die Erforschung der
Interaktionen von Pilzen mit dem bakteriellen Mikrobiom und dem Wirt
könnte sie zu einem Ziel für die Krebsdiagnose und -behandlung machen.
und
In einer kürzlich durchgeführten gründlichen Untersuchung des
Intratumor-Mikrobioms, in die 1526 Tumorproben von sieben verschiedenen
Krebsarten einbezogen wurden - Brustkrebs, Lungenkrebs,
Bauchspeicheldrüsenkrebs, Eierstockkrebs, Hirntumor, Knochenkrebs und
Melanom -, wurde festgestellt, dass jede Krebsart eine eigene
Mikrobiom-Konstitution besitzt. (Each
type of cancer was discovered to possess a distinct microbiome
constitution in a recent thorough investigation of the intratumour
microbiome, which included 1526 tumour samples from seven different
cancer types: breast cancer, lung cancer, pancreatic cancer, ovarian
cancer, brain cancer, bone cancer and melanoma.) Beachten Sie in
Table 1: Abundant species of fungi in each cancer type
und
Bei Magenkrebs
wurden hohe Candida-Raten mit der Expression von entzündungsfördernden
Immunwegen in Verbindung gebracht, während Candida bei Dickdarmkrebs
Metastasenbildung und abgeschwächte zelluläre Adhäsionen voraussagte.
An mehreren GI-Standorten waren mehrere Candida-Arten in Tumorproben
angereichert, und tumorassoziierte Candida-DNA war prädiktiv für eine
geringere Überlebenschance. Das Vorhandensein von Candida in
menschlichen GI-Tumoren wurde bestätigt durch externe ITS-Sequenzierung
von Tumorproben und durch kulturabhängige Analyse in einer unabhängigen
Kohorte bestätigt.
und und und....
Candida-Infektionen siehe hier und
hier. Lassen Sie sich nicht abschrecken von der einleitenden
Bemerkung: "Nach wie vor wird kontrovers diskutiert, ob der Nachweis von
Pilzen im Darm mit dem Auftreten von Erkrankungen in einem ursächlichen
Zusammenhang steht, Pilze im Darm eine gesundheitliche Gefahr darstellen
und ob bei positivem Pilznachweis therapeutische Maßnahmen einzuleiten
sind."
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